Den Oktober in Italien verbringen – was für ein Traum!
Die Hinfahrt fasse ich kurz. Wir düsen durch die (verregnete) Schweiz bis ins sommerliche Saronno, nahe Mailand mit netter städtischer Übernachtung.
Am nächsten Tag umrunden wir Mailand und fahren weiter auf der A7 bzw. später A12, die letzten 60km sehr spannend bis aufregend durch viele Tunnels und über viele Brücken an Genua vorbei, bis wir schließlich die Ausfahrt nach Camogli nehmen und wieder einen Gang herunterschalten können: wunderbare Aussichten auf das Meer, enge Straßen, bunte Häuser an steilen Hängen, Olivenhaine, viele Vespas – bella Italia!
Unser Stellplatz liegt hoch über dem Meer kurz vor San Rocco di Camogli am Beginn des Naturparks Portofino / Parco Naturale Regionale di Portofino. Wir besitzen einen Reiseführer aus der heimischen Bibliothek und den ‚Womoführer’ Ligurien, der den schönen Stellplatz (Nr.61) ebenso aufführt wie mehrere Apps.
Lassen wir Ralf Gréus (S.139-141) ausschnittsweise und leicht abgewandelt zu Camogli erzählen, einem der malerischsten Orte am nördlichen Mittelmeer… Nach seiner Meinung gehört Camogli zu den Highlights in Ligurien, weil es trotz der touristischen Vereinnahmung eine lebhafte Kleinstadt geblieben ist mit richtigen Einwohnern und urbaner Infrastruktur – oder zumindest so wirkt. Darin unterscheidet sich Camogli wohl von allen anderen ligurischen Orten, die einen mit ähnlich farbigen Häuserfassaden faszinieren; es scheint alles noch authentisch. Der Grund für die Ausnahmestellung von Camogli unter den pittoresken ligurischen Zielen ist mehr als seine Größe seine Geschichte: Die Wohnungen von Camogli befinden sich in sechs- oder siebenstöckigen Hochhäusern, wodurch der Eindruck einer Stadt entsteht. Und doch sind die Bauten bunt angestrichen und fügen sich perfekt in die ältere Architektur ein.
Schließlich soll noch der renommierte Reisebuchautor Christoph Henning zu Wort kommen (s.o./ S.50):
Kaum glaublich, aber wahr: Der Ort zählte im 19.Jhdt. zu den bedeutendsten Seefahrer-Städten Europas. Vorübergehend besaß Camogli nahezu tausend Schiffe, etwa doppelt soviel wie Hamburg oder Genua. … Noch 1886 hatte Camogli fast vierhundert Segelschiffe. Die Konkurrenz der Dampfboote ruinierte in der Folgezeit die örtlichen Reeder und Camogli wurde zum wirtschaftlich unbedeutenden Küstenstädtchen.
Unsere kleine Wanderung am Ankunftstag führt uns zuerst in die sehr nah gelegene kleine Ansiedlung San Rocco, vorbei an der Kirche und zur ausladenden Balustrade mit fantastischem Blick über den ‚Golfo Paradiso’ bis Genua! Anschließend wählen wir die ‚Via Mortola’, die sich mal eng durch kleine Häusergruppen, später aber wild und steinig durch Wald und Macchia schlängelt ohne große Höhenunterschiede und mit herrlichen Ausblicken aufs darunter liegende Meer. Der Weg endet für uns bei der ‚Batterie’ und wir gehen ihn genauso später zurück. Was sich hinter dem Begriff ‚Batterie’ verbirgt, erkennen wir erst jetzt. Es handelt sich um eine groß angelegte Verteidigungsanlage aus ehemaligen Seefahrerzeiten mit Schießanlagen, Kasematten, Küche, Latrine usw. Alles Ruinen heute, verlassene Orte – ‚lost places’… Die Aussicht allerdings hier auch unbeschreiblich schön, das Wetter traumhaft!
Die zweite Wanderung am nächsten Tag hat ursprünglich Portofino zum Ziel. Wir nehmen heute die ‚Via Galletti’ in San Rocco und steigen idyllisch ca. 200m hoch bis Gaixella, dann relativ eben weiter bis Pietre Strette. Hier heißt es dann links ‚Portofino’, rechts schon jetzt steil bergab ‚San Fruttuoso’. Unser Gefühl, vielleicht auch das etwas kühlere Wetter leiten uns abwärts nach San Fruttuoso. Und das war gut so! Wahrlich steil geht’s ständig einen uralten von Menschenhand mühevoll angelegten Pfad hinunter, sodass wir uns spontan entschließen mit dem Boot nach Camogli zurück zu fahren, anstatt den steilen Weg wieder zurück zu gehen. Eine Schiffslinie Portofino – Camogli existiert, das wissen wir und der Tag ist noch nicht weit fortgeschritten. Ein ziemlich wildes Wildschwein (ein Keiler!) stellt sich uns dann noch in den Weg und grunzt uns mehrfach aggressiv an, dass es mir ziemlich Angst und Bange wird. Schließlich kommen wir doch ungeschoren daran vorbei. Nachträglich denken wir, dass das Schwein uns eher ‚angebettelt’ hat – aber naja – gut gegangen.

Und dann erscheint plötzlich steil unter uns wunderschön die traumhafte Klosterbucht von San Fruttuoso. Nur per Fuß, auf dem Rücken von Eseln oder per Schiff erreichbar. Türkisblaues Wasser, eine kleine Kiesbucht, das alte Klostergemäuer aus dem 13.Jhdt – allerdings 1934 nicht ganz authentisch restauriert – die 1000jährige Kirche und natürlich einige Touristen – wirklich schön! Wir erkundigen uns nach dem nächsten Boot, welches schon 20 Minuten später abfährt.
Bei ordentlichem Seegang umrundet das Boot den südwestlichen Zipfel der Halbinsel von Portofino, macht kurz Halt an der Punta Chiappa und läuft in großem Bogen in den Hafen von Camogli ein. Was für eine wundervolle Ansicht und Ankunft in dem pittoresken Ort. „Die Skyline der Hochhäuser könnte malerischer nicht sein.“ (Ralf Gréus, S.141)
Eine Weile halten wir uns noch am Hafen und in der Altstadt auf, besichtigen die an der Spitze einer kleinen Halbinsel erbaute Kirche, staunen in einer extrem schmalen und hohen Gasse und genehmigen uns noch eine kleine Pizza.
Schließlich steigen wir die 816 Stufen (!) hinauf nach San Rocco. Alles in allem: sehr empfehlenswert!
Die große Wandertour im Überblick:
Unsere Übernachtungsplätze bis jetzt:
Mit abendlichen Bildern aus San Rocco beende ich diesen Beitrag:
Portofino lassen wir…
Da möchten wir ja am liebsten gleich wieder die Koffer packen und zurück nach Ligurien fahren. Den ganzen Bereich nordwestlich von Levanto kennen wir überhaupt nicht, sieht aber unglaublich toll aus. Wir kommen wieder , ganz bald!!!
LikeGefällt 1 Person
Interessanter Bericht, schöne Bilder. Weiterhin angenehmes Wanderwetter. Wir senden korsische Grüße aus dem Regen
LikeGefällt 2 Personen