Unser Autobahntag (Tag 1 der Reise): A81, A8, A92, A3. Einige Staus, besonders um Stuttgart und auf die Alb hinauf (alles Stuttgart 21-‚Kollateralschäden‘). Aber dann, kurz nach Deggendorf verlassen wir um 16.30Uhr die Autobahn bei Hengersberg. Vor uns liegt der Bayrische Wald – ziemlich in Wolken gehüllt… So darf das Schwarzwald- gewohnte Wohnmobil endlich wieder mal ein paar Höhenmeter bewältigen. Bei Grafenau wird es dann aber erst mal kräftig mit Regen überschüttet, was so schnell auch nicht nachlässt. In Freyung, 20km weiter zeigt uns die App einen Stellplatz für die Nacht. Da es weiter regnet, kommen wir nicht auf die Idee, auszusteigen und kochen uns unser Abendessen selbst. Auch gemütlich.
Reisedaten: 1.Tag (6.8.) Womo-Stellplatz ‚Parkplatz am Freibad Freyung’/Bayrischer Wald (D); N 48°48’19.5“/E 13°32’25.93“, kostenlos; Tagesetappe: 458km
Südböhmen. Wo die Moldau entspringt.
Fremde Einflüsse haben das Gebiet von den Höhen des Böhmerwaldes bis zu den Teich- und Moorlandschaften im Mittellauf der Moldau seit alters her geprägt, denn bedeutende Handelswege wie der ‚Goldene Steig’ durchquerten jahrhundertelang diesen Landesteil. Dunkle Wälder, idyllische Teiche und weite Felder prägen das Bild der 11.000 Quadratkilometer großen Region mit der geringsten Bevölkerungsdichte Tschechiens bis heute. …. Im Böhmerwald entspringt der tschechische ‚Nationalfluss’, die Moldau (Vltava). Durch unzählige kleine Zuflüsse wird sie rasch mächtiger, sie fließt an Königsburgen vorbei, um sich schließlich ins fruchtbare Land zu ergießen, und ist ein bei Kanusportlern äußerst beliebter Fluss….
Südböhmen kann freilich vor allem mit grandiosen Baudenkmälern aus Gotik, Renaissance und Barock aufwarten. …. Sie sind einzigartige Zeugnisse des alten Kulturerbes Mitteleuropas, wie man sie in solcher Konzentration andernorts kaum noch finden kann.
aus „Tschechien“ Nr.1, S.268 (vgl. Beitrag 1)
Oh! Heute präsentiert sich Freyung im Bayrischen Wald wolkenlos!! Auf gehts! Noch einmal einkaufen in Deutschland, dann überqueren wir um 11Uhr die Grenze zu Tschechien. Unser erstes Ziel ist in Südböhmen der Lipno-Stausee, welcher 1959 durch das Anstauen der jungen Moldau entstanden ist. Im Städtchen Horní Planá = dt. Oberplan, an eben diesem See machen wir Halt. Wir lesen im Reiseführer, dass Adalbert Stifter, der böhmische Dichter, hier 1805 geboren wurde.
Horní Planá
„Im Tale, das weit und fruchtbar ist, sind Dörfer herumgestreut, und mitten unter ihnen steht der kleine Flecken Oberplan“. So sah es hier 1842 aus, als Adalbert Stifter die Erzählung ‚Der Hochwald‘ verfasste. Heute zählt der Geburtsort Stifters 2200 Einwohner und liegt am Ufer des Lipno-Stausees.
aus Tschechien-Führer Nr.2 (vgl. Beitrag 1), S.461
Das Wetter ist so herrlich, der Ort strahlt fröhliches Urlaubsfeeling aus und ein schön am Stausee gelegener Campingplatz lockt uns zum Pause machen an, obwohl ja erst der zweite Tag der Reise ist. Egal. Wir tanken Sonne und Strom und Energie. Mit den Fahrrädern strampeln wir noch mal zum Einkaufen von Grillzeug los und finden das Geburtshaus des Dichters, den Thomas Mann aber ziemlich respektlos einen großen Langweiler nannte…
Ein Abendspaziergang bis zur Anlegestelle der Autofähre auf die andere Seeufer-Seite hinunter rundet den Tag romantisch ab. Dann geht noch der Vollmond auf und es ist sogar teilweise Mondfinsternis.
Reisedaten: 2.Tag (7.8.) Camping Caravan Horní Planá (CZ); 19€; N 48°45’36.48“/E 14°01’26.73“; schöner, sauberer Platz direkt am See, wenig los. 19€, Dusche extra; Tagesetappe: 63km
Der Lipno-Stausee, die gestaute Moldau:

In Horní Planá:


Geburtshaus von Adalbert Stifter:

















Unter den touristischen Ziele Tschechiens nimmt Český Krumlov (Böhmisch Krumau) nach Prag laut Reiseführer wohl den zweiten Platz ein. Das 14000-Einwohner-Städtchen, das sich an die engen Windungen der jungen Moldau schmiegt, hat im Zentrum sein historisches Gepräge bewahrt – man könnte meinen, die Zeit sei stehen geblieben.
Die Moldau macht einen Ring, dann macht sie außerhalb desselben einen zweiten verkehrten und dann noch einen größeren, der wieder verkehrt ist.
Adalbert Stifter
So beschrieb Adalbert Stifter die ‚krumme Au’, die Namensgeberin der Stadt ist. Aufgrund der zahlreichen Schlingen ist der Fluss in Krumlov/Krumau tatsächlich allgegenwärtig.
Der Reiseführer schwelgt dann weiter in den höchsten Tönen und vergleicht Krumau mit Salzburg wegen des über der Moldau thronenden Schlosses, mit Siena wegen der mittelalterlichen Gassen, mit Venedig wegen der vielen Moldaubrücken usw. Naja – er kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass Krumau von allen genannten Städten etwas hat, aber dennoch unvergleichlich ist. Und dem können wir auf jeden Fall zustimmen! Man könnte es sofort zu seinem Lieblingsstädtchen erklären. Die räumliche Nähe von allen Sehenswürdigkeiten ist meiner Meinung nach das Bestechende: man ist sofort mittendrin, sieht, hört und empfindet alles. Und es kommt so unerwartet. Einfach nur: wow!!!
Na und weil es hier wirklich sehr schön ist, ist das Städtchen auch UNESCO-Welterbe und außerdem, oder gerade deswegen, ganz schön von Touristen heimgesucht… Entweder man fotografiert nur die Dächer oder wenn doch Gesamtbild, dann aber mit Japanern! Diese sind die absoluten Selfie-Weltmeister und versperren ausdauernd jeden schönen Ausblick…
Die Geschichte der Burg und der Stadt lassen wir mal lieber komplett weg, Sehenswertes gibt es so unglaublich viel – einfach sehr empfehlenswert! Sehr berühmt ist auch das Egon Schiele Kunstzentrum. Egon Schiele (1890 – 1918) war ein Wiener Maler, der u.a. von Gustav Klimt beeinflusst war. Viele seiner Bilder drücken Leiden, Schmerz und Einsamkeit aus. Nach dem Studium zog es ihn weg von Wien und er kam nach Krumau.
„Nach dem Böhmerwald will ich, Neues muss ich sehen und will es forschen, will dunkle Wasser kosten, krachende Bäume, wilde Lüfte sehen, will modrige Gartenzäune staunend ansehen und zitternde Blätter hören, will Licht, Sonne sehen und nasse grünblaue Abendtäler genießen“, so beschrieb es Schiele.
(aus Reiseführer ‚Tschechien’, Nr. 2)
Es hat aber so manches dann nicht geklappt in Krumau und so verließ er den Ort nach drei Monaten schon wieder. Später – erneut in Wien – starb erst seine schwangere Frau und drei Tage später er selbst an der Spanischen Grippe (mit nur 28 Jahren 😦 ); über 20 Millionen starben übrigens europaweit an dieser Grippe…
Aber jetzt Schluss damit. Es ist heiß heute. Gleich zu Beginn erklimmen wir das Schloss von hinten (außen) sozusagen und sind überwältigt von der Aussicht auf die Stadt, die Moldauschleifen, die vielen lustigen, bunten Kanus und Schlauchboote auf dem Fluss und den Touristenströmen!! Wir besteigen dann den wundersamen, verwunschenen, bunten Schlossturm und fühlen uns wie mit einer Drohnenkamera bewaffnet. Ich liebe Bilder von oben über alles…. die Dächer, die Schatten, ohne Horizont, das Gefühl der Freiheit – einfach mal alles aus der Vogelperspektive… Anschließend schlendern wir durchs schöne Städtchen, die verwinkelten Gassen, vorbei an hübschen Läden und genießen den Tag. „Auch wenn viele Häuser heute eine Renaissance-, Barock-, oder klassizistische Fassade haben, im Kern sind sie meist gotisch“, laut Reiseführer (!). Am ‚Platz der Eintracht’ genehmigen wir uns eine Wurst zur Stärkung und später an der Moldau ein kühles Getränk. Dann geht’s wieder zurück zum Parkplatz für Busse und Wohnmobile. Super schön war’s…













Wir fahren weiter nach Holašovice = Hollschowitz, einem kleinen Dörfchen, ca. 15km nordwestlich von Krumau. Ein Bilderbuchdorf im Bauernbarock – seit 1998 auf der UNESCO-Welterbeliste. Rund zwei Dutzend Gehöfte – alle zwischen 1840 und 1880 erbaut und liebevoll und farbenfroh restauriert heute – gruppieren sich um den lang gezogenen Dorfplatz samt Tümpel. Ich fotografiere sie alle… 😉
Und noch etwas zu den ‚Böhmischen Dörfern’:
„Ich sag’ ihm das bei meiner Ehren, mir das böhmisch’ Dörfer wären“ – im didaktischen Tierepos ‚Froschmeuseler’ von Georg Rollenhagen, das im Jahr 1595 erschien, tauchte die Redewendung erstmals auf. Viele Ortsnamen Böhmens klangen für deutsche Reisende schon damals fremd und unaussprechbar – was nach und nach dazu führte, dass der Ausdruck „böhmische Dörfer“ für Unverständliches und Unverstandenes im Allgemeinen verwendet wurde. Die Tschechen benutzen übrigens eine ganz ähnliche Wendung, nur sind es dort keine böhmischen, sondern spanische Dörfer 😉 , kommt euch das etwa spanisch vor? 😉
aus Reiseführer ‚Tschechien’ Nr.2
Auf der anschließenden Fahrt ins 17km entfernte Budweis finden wir dann am Waldrand ein recht nettes Plätzchen für den Abend und die Nacht.
Reisedaten: 3.Tag (8.8.): Waldparkplatz vor Ceské Budejovice = Budweis (CZ); N 48°57’31.31“/E 14°23’45.09“, kostenlos; Tagesetappe: 69km















