Drei Tage unterwegs im Bergbaugebiet am Río Tinto. In einer zum Teil surrealen Natur. Wir staunen: einerseits ziemlich krass alles, zum anderen aber auch eigenartig schön…

Schon seit Römerzeiten wird in der Umgebung von Minas de Riotinto und dem benachbarten Nerva nach Kupfer gegraben. Ein regelrechter Boom setzte zwischen 1873 und 1954 ein, als die britische ‚Rio Tinto Company Limited‘ den Abbau professionalisierte. Die historischen Lagerstätten begannen in viel größerem Umfang ausgebeutet zu werden und ein wichtiges Eisenbahnnetz wurde geschaffen. Danach gingen die Minen in spanische Hände über, aber ab den 1970er Jahren begann eine schwere Krise. In den letzten Jahrzehnten des 20. Jh. markierten die Erschöpfung der Minen und der Rückgang der Mineralienpreise auf dem internationalen Markt den Niedergang der Region.

Wir erstehen im Parque Minero de Riotinto ein Kombiticket: Bergbaumuseum, Casa 21 und Mina Corta Atalaya. Weitere Programmpunkte wären möglich. Die Mineneisenbahn ‚Ferrocarril Minero‘ können wir jedoch erst für das Wochenende buchen. Und so machen wir es. Die Erklärungen zu allen Programmpunkten in deutscher Sprache bekommt man per QR-Code auf das Smartphone geladen.

Im Bergbaumuseum erfahren wir die lokale Bergbaugeschichte, sehen verschiedene Lokomotiven und einen edel ausgestatteten Waggon von Königin Victoria und können im Nachbau einer Bergbaugrube aus römischen Zeiten durch die dunklen, engen Gänge schleichen.

Im britischen Arbeiterviertel ‚Bella Vista‘ begutachten wir im Haus 21 das Wohnen des ehemaligen Minenbesitzers, eine presbyterianische Kirche und die typisch englischen Monbretien finden wir auch..

Aber dann! Zum Highlight – pünktlich um 17Uhr fahren wir in einer Kolonne hinter dem Museumsauto vom Museum bis zu einem Tor, welches für uns geöffnet wird:

Die äußerst professionelle Ausbeutung der Natur beeindruckt zuerst in ihrer gigantischen Größe. Das elliptische Loch misst 1200m in der Länge, 900m in der Breite und ist 350m tief. Der Eiffelturm passt locker hinein. Die unterste bzw. 23. Ebene würde zwei Fußballfelder fassen. Da der Abbau stillgelegt ist, steigt Grundwasser auf, welches man aber abpumpt bzw. beginnt abzupumpen. Durch den akkuraten Abbau der Gesteine und deren wundersame Farben empfindet man beim Anblick Faszination: Schönheit eines vom Menschen verursachten ‚Naturwunders’…

Die unterschiedlichen Färbungen der Gesteine bedeuten: Eisen, Kupfer, Blei, Zinn und Zink, Pyrit = Schwefeleisen, Kaolin (weiß), Gold, Silber und Mangan.

Seht ihr die Details (Gebäude, alte Dampflokomotive) bei den Ausschnitten? Und erkennt daran die gigantischen Ausmaße der Grube?!

Unser Parkplatz für zwei ruhige Nächte direkt daneben. 😉 ; außerdem verfügt der Ort, ebenso wie auch Nerva, über einen offiziellen Stellplatz.


Später wechseln wir unseren Standplatz in den eigentlich hübschen Nachbarort Nerva mit kleiner Ortsbesichtigung. Schon ziemlich skurril das Nebeneinander von Abraumhalden in den verschiedensten Farben, Fördertürmen und dem Friedhof…


Und endlich am dritten Tag zuckeln wir mit der kleinen Bahn – und plötzlich vielen Touristen – sehr ruckelig 11 km auf der alten Bergbaustrecke von ‚Talleres Mina‘ nach ‚Los Frailes‘ am Río Tinto entlang. Seinen Namen verdankt der Río Tinto seiner spektakulären Farbe, Rot – auf Spanisch ‚Tinto‘.

Dramatisch ist sein Farbenspiel – es wechselt von Rostrot über Blutrot bis Violett. Die Farbe entstammt der hohen Konzentration an Eisensalzen und Sulfaten aus dem Gestein, die der Regen in den Fluss spült. Er fließt 100 km weit fast ausschließlich durch die Provinz Huelva und mündet zusammen mit dem Río Odiel bei Huelva in den Atlantik. Aufgrund des hohen Säuregehalts überleben nur Mikroorganismen im Fluss.

Aussteigen! Alle wollen zum Fluss…

… und schließlich wieder zurück.


Donnamattea weiß wohl, dass man noch Kritisches bemerken könnte, vielleicht auch sollte. Sie kann euch den Besuch des Río Tinto und seine Veränderung durch das Werk der Menschen aber auf jeden Fall empfehlen.

Zum Schluss noch ein Zitat aus einer Quelle, wo im übrigen noch viel Interessantes und auch Unerfreuliches zu lesen ist:

Neuerdings hat die Mondlandschaft, die durch den Jahrtausende andauernden Erzabbau entstanden ist, der Mine eine neue Aufgabe beschert. Die Zusammensetzung des Marsbodens ähnelt dem Boden in der Mine am Río Tinto: Sulfite, Hematit und Jarosit. Seit 2005 testet die NASA ihre Mars-Rover in der Mine. Im Projekt MARTE (Mars Analogue Rio Tinto Experiment) werden vor allem neue Bohrmethoden zur Erforschung der Marsoberfläche ausprobiert.

5.000 Jahre Bergbauaktivität sollten dazu geführt haben, dass die Mine und ihre Umgebung so verseucht sind, dass kein Leben dort existieren kann. Aber die einzellige Amöbe Extremophiles ist nur genau dort heimisch. Daraus schöpft man Hoffnung, dass es auch auf dem Mars Leben und damit Wasser geben könnte. Seien wir gespannt…

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